In Kooperation mit dem Institut für Altamerikanistik der Uni Bonn führt eine guatemaltekische Expertin ein Projekt zum traditionellen Maya-Ballspiel mit einem Sportkurs der Q2 durch.
Normalerweise beschäftigt sich der Q2-Sportkurs mit dem Kursprofil „Bewegungsgestaltung und Gesundheit“ mit Elementen aus den Bereichen Tanzchoreografie, Bewegungstheater, Fitness oder Yoga. An den letzten beiden Dienstagen stand allerdings ein außergewöhnliches Sporterlebnis im Mittelpunkt. Auf den ersten Blick erinnert es zum Teil an Sitzfußball, aber bei genauem Hinsehen wird deutlich, dass es für diesen Ballsport besondere Regeln gibt, die es zu beachten gilt.
Die Rede ist vom traditionellen und rituellen Ballsport, der vor ca. 1500 Jahren von den Mayas in Zentralamerika gespielt wurde. Dieser Sport wurde erst am Ende der 90er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts von den heutigen Mayas wiederbelebt, die immer noch in Mexiko, Guatemala, Belize, Honduras und El Salvador leben. María Francisca Elias Canas aus San Martín Jilotepeque (Guatemala) gehört zu denen, die sich dieser Wiederbelebung des Sports widmen und die auf Vermittlung des Altamerikanistik-Instituts der Uni Bonn die Durchführung eines Projekts mit Schüler:innen der Q2 angeboten hat.
María Francisca Elias Canas (Bildmitte) erläutert nicht nur die sportlichen Übungen, sondern gibt auch Einblick in kulturelle und gesellschaftspolitische Tragweite des Maya-Ballsports.
Die Besonderheit des Maya-Ballsports ist, dass der Ball – eine fünf bis sechs Kilogramm schwere elastische Kautschukkugel – dabei nur mit der Hüfte gespielt werden darf. Die Profis, so Canas Elias, schaffen es durch die richtige Technik den Ball über das gesamte Spielfeld in einer Höhe von mehreren Metern zu katapultieren. Wie schwierig das ist, konnten die Schüler:innen schnell feststellen. Da man den Ball nur mit der Hüfte spielen darf, müssen die Spieler:innen sich auch quer auf den Boden werfen können, um den Ball mit dem einzig erlaubten Körperteil zu treffen. Deshalb wurden beim ersten Termin auch zunächst Fallübungen gemacht und die Beweglichkeit am Boden geübt.
Das intensive Training zeigte spätestens beim zweiten Termin allerdings auch schon Wirkung. Nicht wenigen Schüler:innen gelang es, den Ball mehrere Meter in die gewünschte Richtung zu bewegen. Allerdings war der originale Kautschukball, der den Lernenden an der BBG zur Verfügung stand, die kleinere Version für Kinder, weshalb ersatzweise zum Üben größere Softbälle verwendet wurden und beim abschließenden Spiel wurde ein Basketball benutzt, der durch Größe und Gewicht dem Original schon sehr nahe kommt. Das ständige Auf und Ab – gespielt wird im Stehen und Sitzen, je nachdem, auf welcher Höhe sich der Ball befindet – ist sehr anstrengend, wie man den Schüler:innen ansehen konnte. Zudem schmerzten Einigen nach intensiveren Trainingsphasen die Hüften.
In den Besprechungspausen zwischen den verschiedenen Trainingsphasen erläuterte die Expertin aus Guatemala nicht nur die sportlichen Übungen, sondern auch die kulturellen und gesellschaftspolitischen Hintergründe der Wiederbelebung des Maya-Ballspiels. So berichtete sie, dass man trotz intensiven Studiums der vorliegenden Quellen die antiken Spielregeln nicht sicher rekonstruieren konnte. Die heutigen Regeln erinnern ein wenig an Quidditch, wie es bei Harry Potter gespielt wird. Die beiden jeweils aus vier Spieler:innen bestehenden Mannschaften (plus Auswechselspieler:innen) bemühen sich den Ball über die gegnerische Verteidigungslinie zu schießen. Dafür gibt es jeweils fünf Punkte. Sollte es einer Mannschaft allerdings gelingen den Ball durch einen vier bis fünf Meter hohen Ring zu katapultieren, so gewinnt dieses Team und das Spiel endet sofort. Ansonsten spielen die Mannschaften zweimal elf Minuten.
Eine Mischung aus Akrobatik und Ballgefühl ist für das erfolgreiche Passspiel mit der Hüfte gefragt.
Das abschließende Match wurde zwar ohne hoch aufgehängte Ringe durchgeführt, doch bewiesen die Schüler:innen, dass sie in den zwei dreistündigen Sporteinheiten viel gelernt haben und boten sich einen spannenden Schlagabtausch. Dass der große Teil der Lernenden des Kurses weiblich ist, entspricht im Übrigen der Philosophie von María Francisca Elias Canas, die den Sport in Guatemala insbesondere mit Frauen trainiert. Auf diese Weise beweist sie, dass dieser Sport nicht wie in seiner ursprünglichen Form nur von Männern ausgeübt werden kann, womit sie den patriarchalen Strukturen in ihrer Heimat bewusst einen feministischen Akzent entgegensetzt.
Ein besonderer Dank gilt dafür, dass wir dieses gelungene Projekt durchführen konnten, gilt neben der engagierten und das Interesse der Schüler:innen weckenden Referentin María Francisca Elias Canas auch Frau Dr. Antje Gunsenheimer vom Institut für Altamerikanistik, die uns den Kontakt vermittelt hat und dankenswerterweise auch für Übersetzungen zur Verfügung stand. Über das Maya-Ballspiel und das Engagement von María Francisca Elias Canas hatte die ARD im Übrigen bereits im August im Mittagsmagazin einen Beitrag gesendet: https://www.ardmediathek.de/video/mittagsmagazin/guatemalas-erstes-frauenteam-im-ballspiel-der-maya/das-erste/Y3JpZDovL3Nwb3J0c2NoYXUuZGUvc3BvcnRzY2hhdS1mZm1wZWctdmlkZW8tMzM3NzIzOTI